Die Nilfähre von Luxor

Ah, die Fähre ... gerade in der Anfahrt.

Wie sagte doch der Betreiber eines privaten Motorbootes, der dringend auf der Suche nach Kundschaft war? "Motorboat? Five pound only. Ferry not good. One hour!" Je, nun...

Es gibt mehrere Arten, den Nil bei Luxor zu überqueren. Zum einen ist da, für die Autofahrer, die neue Brücke über den Nil, die allerdings etwa 7 Kilometer flussabwärts gelegen ist und entsprechend große Umwege verursacht.

Dann gibt es eine Vielzahl von kleinen Motorbooten, die zugebenermaßen recht schnell sind und nicht warten müssen, bis sie eine größere Anzahl von Passagieren aufgenommen haben, sondern in der Tat für 5 Ägyptische Pfund (etwa 70 Cent) - manchmal pro Fahrt, manchmal pro Person - den Trip von einem Ufer zum anderen machen. Und es gibt die Fähre.

Die Fähre kosten für Einheimische, die sich die auf die Touristen zugeschnittenen Preise der Motorboote nicht leisten können, 25 Piaster (etwa 4 Cent). Viele sind auf die Fähre angewiesen, da sie auf dem - kostengünstigeren - Westufer wohnen, aber auf dem Ostufer, auf dem es mehr Touristen gibt, arbeiten. Nicht-Einheimische (das Wort "Touristen" möchte ich hier nicht wirklich gebrauchen; der klassische Tourist ist entweder mit seiner Reisegruppe da und muss mit dem Motorboot fahren, oder er fällt auf den Motorboot-Betreiber mit seinem Gerede von der Stunde Wartezeit herein - oder der Preisunterschied ist ihm egal; nur manchmal möchte ein klassischer Tourist ohne Reisegruppe ein wenig "Eingeborenenluft" schnuppern und wagt sich wohlig schaudernd auf die Fähre) zahlen ein Pfund (etwa 14 Cent) pro Strecke. Gern gesehen ist auch eine "Rückfahrkarte", für die man dann entsprechend zwei Pfund zahlt und dann einen "Rückfahrschein" erhält, der die Form eines kurzen Schriebs annimmt, der auf das nächst beste greifbare Stück Papier gekritzelt wird - wir hatte mal einen auf einem Stück Karton einer Joghurtpackung. Rückfahrkarten sind sehr beliebt bei den Personen, die sie ausstellen (kassieren sie doch doppelt) und gar nicht beliebt beim Kassenpersonal auf der "Gegenseite", kassieren die doch gar nichts. (Immer sehenswert ist der Anblick eines Kassierers, wenn wir gegen Abend vom Ost- zum Westufer fahren wollen, er uns eine Rückfahrkarte verkaufen möchte und wir ihm mitteilen, dass wir auf dem Westufer wohnen - das gibt's nicht so häufig).

Man drückt dem Kassierer also einen der alten, stinkenden und häufig dem Auseinanderfallen nahen (wenn nicht bereits mit Tesafilm geklebten) Ein-Pfund-Scheine (oder eine Mischung kleinerer Scheine - bis 10 Pfund wird auch noch gewechselt, aber eher ungern) in die Hand (manchmal ist auch die kleine Tochter des Kassierers dabei, und dann kostet es einen Kugelschreiber extra) und begibt sich auf die Fähre, die sich recht schnell mit Ägyptern füllt. Für die manchmal nicht immer vermeidbare Wartezeit (die Fähre legt eben erst ab, wenn die vom anderen Ufer angekommen ist) gibt es einen Süßwarenstand an Bord des Schiffes. Kommt man eher früh (d.h. die Fähre vom anderen Ufer lief gerade erst ein), kann man schon einmal 10 bis 15 Minuten warten, die man sich dann damit vertreibt, interessiert die oben erwähnten auf die Fähre verirrten Touristen zu betrachten, von denen der eine oder andere schon so aussieht wie ein Brathähnchen kurz vor Ausbruch des terminalen Hautkrebses, wenn da jemand wieder nicht verstanden hat, wie man sich in Ägypten anziehen sollte) oder erfreut sich einfach am bunten Treiben um sich herum. Da Sandy in Ägypten stets angemessen züchtig bekleidet ist und auch immer ein Kopftuch trägt, ist es auch immer wieder interessant, die entweder leicht ungläubigen oder, gerade bei Jüngeren, leicht belustigten Blicke der Ägypterinnen auf die "weiße Muslima" (ein beliebtes Photomotiv gerade bei Gruppen jüngerer Ägypterinnen, bevorzugt als Gruppenbild mit Sandy in der Mitte) zu beobachten.

Irgendwann ist die andere Fähre dann da, die Taue werden gelöst, und der Steuermann tutet mehrmals, nach einem genau festgelegten Muster: Erst einmal, zum Hinweis, dass die Taue los sind, dann einmal, um den Motor anzuwerfen, dann dreimal für Vollgas. Und los geht's. Erfahrene Fährenfahrer springen noch während des Ablegens auf das Schiff auf (was ich gerade mit Galabija als sehr mutig empfinde). Nach wenigen Minuten hat man dann den Nil überquert, wobei der Kapitän die Geschwindigkeit des Schiffes durch weitere Signale steuert (der Mann im Maschinenraum sieht nichts von der Fahrt und muss sich auf seinen Chef verlassen). Manchmal muss man auf der Fahrt einer Felukke (einem Nil-Segelboot) ausweichen, das sich auf dem Rückweg befindet und auf den Wind angewiesen ist, und die fetten Kreuzfahrtschiffe haben natürlich Vorfahrt (man hängt ja an seiner Fähre), aber in der Regel verläuft die Fahrt ohne Ereignisse - sieht man von den durch die Fähre laufenden Kindern, die durch den Verkauf von Taschentuch-Päckchen für ein Pfund die Familienkasse aufbessern sollen und nach denen man praktisch die Uhr stellen kann, ab. Auf der anderen Seite angekommen, reiht man sich in die Schlange der zum Ausgang strömenden Ägypter ein, geht an Land und erwehrt sich der am Ufer wartenden Ägypter, die, je nach Ufer, Taxis oder Kaleschen (einspännige Kutschen) anzubieten haben.

Und ja, trotz allem, was man so gelegentlich über ägyptische Fähren hört oder liest, sind zumindest die über den Nil sehr stabil und absolut sicher. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass der Steuermann etwas hart am Kai anlegt ...

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